Murphy's Meisterwerke

Folge 1: Der spanische Feuerteufel

Es begann, wie so oft, ganz harmlos: Ein elektromechanischer Flipper aus Spanien, schwer und störrisch – eine dieser Flipper, bei denen man von vornherein weiß, dass es keine Routine-Reparatur wird. Neben allerlei kleinen Zicken offenbarte das gute Stück bald sein eigentliches Drama: Die Spule der Resetbank war durchgebrannt. Und nicht nur defekt, sondern unbeschaffbar. Weltweit.

 

Doch Murphy hatte seine Rechnung ohne Kanada gemacht: Eine Firma, spezialisiert auf Jukeboxen und offenbar mit Zugang zu Relikten aus einer anderen Zeit, hatte genau diese Spule noch auf Lager. Ein kleines Wunder – die letzte ihrer Art. Der Flipper wurde repariert, lief wieder, und ich begab mich voller Stolz in die Phase der Feinabstimmung.

 

Ein paar Kleinigkeiten noch hier, eine Justage dort – dann passierte es: Ein kurzer Kurzschluss. Nichts Dramatisches, aber genug, um die heißgeliebte und - für mich - nun wirklich allerletzte Spule spürbar aufzuheizen. Ich reagierte sofort, schaltete alles ab und griff zum Kältespray. Mehrfach kühlte ich die Spule  bei hochgeklapptem Spielfeld. Danach: Warten. 10 Minuten. Alles sah gut aus. Das Spielfeld wurde wieder in Position gebracht. Einschalten. Spannung. Freude.

 

Spiel gestartet. Rechten Flipperknopf gedrückt. Dann – KA BUMM.

 

Nicht irgendein Ka Bumm, nein, DAS Ka Bumm. Eine Explosion.

Der Flipper, ohnehin schwerer als seine amerikanischen Brüder, bekam dicke Backen – hielt aber stand. Das Spielfeld hingegen hatte andere Pläne und schoss gut einen halben Meter nach oben aus dem Gehäuse. Der Grund: Das im Cabinet verbliebene Treibgas des Kältesprays, das sich offenbar nicht wie geplant verflüchtigt, sondern dort unten heimlich ein kurzzeitiges Höllenfeuer vorbereitet hatte. Mit Stichflammen. Und einem Ausdehnungsdrang, der jedem Raketenwissenschaftler Tränen in die Augen treiben würde.

 

Das Resultat: Versengte Haare an Armen und Gesicht. Ein Gesichtsausdruck irgendwo zwischen „Was zur Hölle?“ und „Das darf doch nicht wahr sein!“. Und eine Geräuschkulisse, die man nicht beschreiben kann.

 

 

Was bleibt, ist die Lehre: Kältespray ist kein Spielzeug!

Schön und unscheinbar

Tükisch


Folge 2: Flipperkarre

Vor etwa zehn Jahren kämpfte ich mit einer Herzerkrankung – Vorhofflimmern, das sich anfühlte wie ein Taktproblem im eigenen Innenleben. Unruhe in der Brust, Stress im Alltag und – warum auch immer – der plötzliche Entschluss, an genau diesem Tag einen Baywatch-Flipper durch meinen Keller zu bugsieren.

 

Das Transportmittel der Wahl: die Flipperkarre – ein Gerät, das ich seither nie wieder benutzt habe, und zwar aus gutem Grund.

 

Der Plan war simpel: Karre drunter, Beine abschrauben, Flipper elegant durch den Keller schieben.
Der tatsächliche Ablauf war... nun ja... ähnlich – bis auf die Kleinigkeit mit der Erdanziehung und meinen Fingern.

 

Ich schob die Karre unter den Flipper, schraubte die Beine ab, kniete mich davor, stützte mich beiläufig mit der flachen Hand auf dem Boden ab – und betätigte die Entriegelung der Flipperkarre. Wahrscheinlich wollte ich das Gerät sanft absenken.

 

Tatsächlich jedoch nutzte der Flipper die Gelegenheit, um physikalische Prinzipien nachdrücklich zu demonstrieren. Genauer gesagt: Schwerkraft trifft auf Fingergelenk.
Das Cabinet stürzte nach vorn – direkt auf meine ausgestreckte Hand. Die Kante landete punktgenau auf der Mitte meiner Fingerkuppe, und zwar mit einer Präzision, wie sie sonst nur Guillotinen aus französischen Revolutionsfilmen zustande bringen.

 

Der resultierende Schmerz? Unbeschreiblich. Also tat ich das Naheliegende: Ich schrie. Laut. Und von oben hörte ich meine Frau rufen:

„Ist was passiert?“
Meine Antwort – stoisch, kontrolliert, fast schon philosophisch:
„Ob was passiert ist?! NATÜRLICH IST WAS PASSIERT! Auaaaaahhhhhh!“

Kurze Zeit später im Krankenhaus, pochte mein geschundener Finger rhythmisch zum inneren Taktstolpern meines Herzens. Ich betrat den Empfangsbereich, blickte der Schwester in die Augen, hob langsam die Hand, der Mittelfinger prominent in den Himmel gereckt (nicht aus Trotz, sondern weil alles andere unmöglich war), und sagte:

„Guten Tag, mein Name ist Hor… bitte geben Sie mir Propofol!“

 

Fazit? Ich würde die Flipperkarre auch in identischer Bedarfslage nicht noch einmal verwenden.

Folge 3: kabelbaum

Ich bin der Meinung: Wenn man etwas macht, dann richtig. Und „richtig“ heißt für mich: gründlich, sauber und mit maximaler Sorgfalt – selbst wenn man sich dabei gelegentlich ins eigene Verderben perfektioniert.

 

So auch an jenem Tag, der rückblickend einen festen Platz in der Hall of Regrets verdient hat. Ich restaurierte das Spielfeld eines Eight Ball Deluxe, der Kabelbaum lag zu meinen Füßen, und ich fasste – in einem Moment geistiger Überlegenheit – den Entschluss, Ordnung zu schaffen.

Schalter, Lampen, Spulen – alles schön getrennt, dachte ich.
Seitenschneider gezückt. Kabelbinder aufgeschnitten. Befriedigendes Klicken.
Noch mehr Kabelbinder. Noch mehr Ordnung.

Dann der Moment der Erkenntnis – erst zaghaft, dann schmerzlich eindeutig:
Bally hatte es geliebt, Einzeladern gleicher Farbe, aber unterschiedlicher Länge zu verbauen.
Und zwar viele. Sehr viele.

 

Zweifel kamen auf. Hemmungen formierten sich. Doch der Moment, an dem Rückzug noch möglich gewesen wäre, war überschritten.

DAS SOLLTE ICH BEREUEN.

Ich tat das einzig Mögliche: Ich biss mich durch.
Erst alles gründlich gereinigt. Dann fing ich an, die Enden an den Verbrauchern neu anzulöten. Und lernte dabei Dinge, die mir vorher kein Handbuch verraten hatte:

  • Eine Farbe kann viele Bedeutungen haben – sehr viele.

  • Kabel gleicher Farbe und Länge sind der natürliche Feind des Restsanierers.

  • Leitungen können auf direktem Weg ans Ziel führen – oder dreimal durch den Himalaya.

  • Schlaufen, Kreuzungen und „was zur Hölle soll das denn hier“-Situationen treiben einen zuverlässig in den Wahnsinn.

Der Moment der Kapitulation kam schleichend: Ich beschloss, neu zu starten.
Alle Stecker entfernt. Kabel einseitig verlötet. Die Verlegung begann – manchmal 10 cm pro Tag, an guten Tagen. Einige Leitungen verlegte ich doppelt. Andere dreifach. Und trotzdem: Am Ende blieben ein paar mysteriöse Adern übrig, die selbst in der bösesten Bally-Logik keinen Platz mehr fanden.

 

Ich leihte mir ein zweites Spielfeld. Dachte, das bringt Klarheit. Es brachte... Verzweiflung auf höherem Niveau.

 

 

Vier Wochen hat mich dieser elende Kabelbaum gekostet. Ohne Garantie auf Erfolg.
Und irgendwann – ich gebe es zu – hatte ich psychische Zusammenbrüche. Nicht einen. Mehrere.

 

Fazit:
Wer Ordnung schaffen will, sollte vorher sicherstellen, dass sich die Erwartungen und die tatsächlichen Gegebenheiten decken! Und wer einen Kabelbaum zerschneidet, sollte wissen: Der Weg zurück ist lang. Und gepflastert mit Tränen, Lötzinn und Kabelbindern.

Ausgangslage Kabel

Ausgangslage Spielfeld


Voller Hoffnung

Immer noch mit Hoffnung


Ein Plan

Grundbeleuchtung

Noch ein Plan

Würg........


Läuft....

Geht doch....


Aaaarrrgghhhh.....

Oh jeh....


Auweiah....

Wird....


Hilfe

Geschafft

Endlich!